Mit Inzidenz gewinnt man keine Wahlen.

17.03.2021
Andy Keck
Mit Inzidenz gewinnt man keine Wahlen.

Immer mehr Bürger verstehen, dass die einseitige Fokussierung auf die Covid19-Inzidenz in Bezug auf Einschränkungen der persönlichen Freiheiten nicht mehr zeitgemäß ist.

Inzidenz alleine ist nämlich ein völlig untauglicher Indikator.

Insbesondere dann, wenn es der einzige Indikator für Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona Pandemie ist. Die politisch Verantwortlichen sollten dringend weitere Indikatoren ergänzend nutzen um Maßnahmen plausibel und nachvollziehbar zu begründen. Die Menschen und damit die Wähler sind immer weniger bereit, nicht plausible Regeln einzuhalten und noch viel weniger die dafür verantwortlichen Parteien zu wählen.

Das jetzige System basierend auf dem Inzidenzwert ist viel zu erratisch. Die Logik dahinter ist sogar völlig irreführend in Verbindung mit einer Strategie vermehrter Tests. Denn diese werden mehr bisher unentdeckte und harmlose Fälle ans Licht bringen. Und die Inzidenzwerte nach oben treiben – ohne dass sich dadurch eine zusätzliche Belastung des Gesundheitssystems ergäbe. Zur Erinnerung: Es geht bei den Lockdowns nicht primär darum, Ansteckungen zu vermeiden, sondern eine Überlastung des Gesundheitssystems, Stichwort Triage, zu verhindern. Ansteckungen mit harmlosen Krankheitsverläufe sind sogar von Vorteil, tragen sie doch zur vielfach zitierten Herdenimmunität bei.

Wenn wir jetzt mehr testen und an der aktuellen Logik (höhere Inzidenz = schärferer Lockdown) festhalten, produzieren wir automatisch noch mehr Einschnitte, die dann noch weniger Akzeptanz in der Bevölkerung finden würden.

Für die anstehenden Bundestagswahlen sollten sich die Verantwortlichen schon mal auf die Quittung vorbereiten. Die wird  deftig sein.


Wie wäre es statt dessen mit einem eigenen Corona-Index? Eine Art Balanced Scorecard. Bestehend aus zwei Komponenten: Die aktuelle Belastung des Gesundheitssystems und die Bewertung des Ansteckungsrisikos.

Der Corona Belastungsindex könnte folgende Kriterien berücksichtigen:
Natürlich weiter den aktuellen Inzidenzwert und den sogenannten R-Wert. Ergänzend die regionale Impfquote und die Auslastung der Krankenhäuser bezüglich Intensivbetten. Dazu gehört dann natürlich auch die Betrachtung der Quote an schweren Krankheitsverläufe. Ein aus diesen Daten gewonnener Index könnte uns wesentlich genauer eine Risikoeinschätzung geben als die bloße Betrachtung des an sich „dummen“ Inzidenzwerts.

Wir brauchen dringend einen Corona-Risiko-Index.

Um jetzt daraus resultierende notwendige Schutzmaßnahmen besser und zielgenauer steuern zu können, sollte in der zweiten Komponente das konkrete Ansteckungsrisiko viel stärker berücksichtigt werden. Mittlerweile wissen die Wissenschaftler viel mehr über die Ausbreitung des Virus. Relevant sind z.B. Luftreinheit, Virenlast, Aufenthaltsdauer oder auch die Auslastung der Räume. Die spezifschen Gegebenheiten sowie entsprechende Schutzkonzepte  müssen endlich Berücksichtigung finden. Statt „dumm“ alle Läden, Hotels und Gaststätten zu schliessen und genauso „dumm“ pauschal Schulen wieder zu öffnen, brauchen wir individuelle Risikobewertungen – einen Corona-Risiko-Index.

Orte mit wenig Aufenthaltsdauer, geringer Besucherdichte und guter Belüftung oder sogar Luftfiltern sollten anders öffnen dürfen als Orte, bei denen ein Ansteckungsrisiko höher zu bewerten ist.

Es hätte längst Aufgabe der Politik müssen, solche Regelwerke gemeinsam mit versierten Wissenschaftlern zu entwickeln. Dann hätten wir jetzt nachvollziehbare Regeln, an die sich die Menschen auch freiwillig halten würden, weil sie vernünftig und plausibel wären. Dann nämlich wäre klar, dass Schulen mit kleinen, engen Räumen ohne Luftfilter oder z. B. Kellerbars geschlossen bleiben müssten, während andere aufmachen könnten. Dann könnten Gebiete mit freien Krankenhausbetten und hoher Impfquote anders agieren als hochbelastete Regionen.

Aus dieser Kombination aus Belastungsindex und Risikoindex wird dann ein Schuh für eine vernünftige Öffnungsstrategie. Diese wiederum würde der Wirtschaft dringend benötigte Orientierung für deren individuellen Öffnungsperspektiven geben und den Menschen endlich wieder das Gefühl verantwortlich, umsichtig und klug regiert zu werden.

Wenn ich politische Verantwortung hätte und gewählt werden wollte, würde ich dringend an solchen oder ähnlichen Konzepten arbeiten.

Denn mit Inzidenz alleine sind keine Wahlen zu gewinnen.

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