Strompreisbrücke: Ein Sprungbrett für den Mittelstand oder nur ein wackeliger Steg?

10.11.2023
Andy Keck
Strompreisbrücke: Ein Sprungbrett für den Mittelstand oder nur ein wackeliger Steg?

Die Ankündigung der Bundesregierung, eine Strompreisbrücke mit reduziertem Steuersatz für „produzierende“ Unternehmen, einschließlich des Mittelstandes, zu implementieren, wirft bedeutsame Fragen auf.

1. Wer gehört zum „produzierenden Mittelstand“? Diese Frage ist zentral, denn praktisch jedes Unternehmen trägt zur Wertschöpfungskette bei, sei es durch materielle Produkte oder Dienstleistungen. Besonders wichtig ist dies für IT-intensive Unternehmen. Sie sind nicht nur große Stromverbraucher, sondern auch Schlüsselakteure in der Digitalisierung unserer Wirtschaft. Eine Kostendämpfung beim Strom ist daher entscheidend, um die digitale Transformation nicht durch hohe Energiepreise zu bremsen. Derzeit sind große Rechenzentren eher global verteilt und seltener in Deutschland anzutreffen – ein Problem, das nicht nur an den Stromkosten, sondern auch an der hiesigen Bürokratie liegt.

2. Digitalisierung und Energiekosten: Wer „Digitalisierung first“ fordert, muss konsequenterweise auch für erschwingliche Energielösungen sorgen. Für eine führende Rolle in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz (KI) sind günstige und verfügbare Ressourcen unerlässlich.

3. E-Mobilität und Strompreise: Nutzer von Elektrofahrzeugen sind ebenso auf bezahlbaren Strom angewiesen. Ohne dies bleibt die Mobilitätswende unvollständig, und Dienstwagen werden weiterhin auf Verbrennungsmotoren setzen.

4. Energiebesteuerung und Produktion: Die Besteuerung von Energie ist nur ein Teil des Problems. Eine größere Herausforderung ist die unzureichende Produktion von grundlastfähigem, lokal erzeugtem Strom in Deutschland. Eine Kombination aus Photovoltaik und Windenergie allein reicht nicht aus. Die Frage nach nachhaltigen, kohle- und gasfreien Energielösungen bleibt offen.

5. Bürokratie und Effizienz: Welcher bürokratische Aufwand wird mit der Strompreisbrücke einhergehen? Es ist entscheidend, dass die Verwaltungs- und Dokumentationskosten die Einsparungen nicht übersteigen.

6. Europäischer Strommarkt: Die Öffnung eines echten europäischen Strommarkts, gepaart mit CO2-Zertifikaten, könnte eine effektive Lösung sein. Ein solcher Markt würde einen echten Wettbewerb fördern und gleichzeitig dem Klimaschutz dienen. Die Möglichkeit, Strom beispielsweise in Portugal zu erwerben, könnte neue Perspektiven eröffnen.

Fazit: Die Bundesregierung steht vor einer komplexen Herausforderung. Die Strompreisbrücke ist ein Schritt, aber für ein umfassendes Feiern ist es noch zu früh. Gefragt sind nachhaltige, effiziente und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen für die Energie- und Digitalwirtschaft.

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